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Document JOL_2005_157_R_0003_01

Stellungnahme der Kommission vom 22. Februar 2005 zu den Anträgen der Republik Bulgarien und Rumäniens auf den Beitritt zur Europäischen Union

ABl. L 157 vom 21.6.2005, p. 3–4 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

21.6.2005   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 157/3


STELLUNGNAHME DER KOMMISSION

vom 22. Februar 2005

zu den Anträgen der Republik Bulgarien und Rumäniens auf den Beitritt zur Europäischen Union

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag über die Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 49,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Republik Bulgarien und Rumänien haben die Mitgliedschaft bei der Europäischen Union beantragt.

(2)

In ihren Stellungnahmen vom 15. Juli 1997 über die Republik Bulgarien und Rumänien hatte die Kommission bereits Gelegenheit, Standpunkt zu bestimmten wesentlichen Aspekten der im Zusammenhang mit diesen Anträgen entstehenden Probleme zum Ausdruck zu bringen.

(3)

Der Europäische Rat legte auf seiner Tagung im Juni 1993 in Kopenhagen erstmals die politischen, wirtschaftlichen und besitzstandsbezogenen Kriterien für die Mitgliedschaft fest, an denen sich der Beitrittsprozess und die von der Kommission vorgenommen regelmäßigen Bewertungen der Lage in der Republik Bulgarien und Rumänien orientiert haben. Den politischen Kriterien zufolge müssen die Republik Bulgarien und Rumänien für institutionelle Stabilität als Garantie für die demokratische und rechtsstaatliche Ordnung, die Wahrung der Menschenrechte sowie die Achtung und den Schutz von Minderheiten sorgen; diese Anforderungen sind als verfassungsmäßige Grundsätze im Vertrag über die Europäische Union verankert und wurden in der Charta der Grundrechte in der Europäischen Union hervorgehoben. Nach den wirtschaftlichen Kriterien sind eine funktionierende Marktwirtschaft und die Fähigkeit, dem Wettbewerbsdruck und den Marktkräften innerhalb der Union standzuhalten, erforderlich. Das besitzstandsbezogene Kriterium betrifft die Fähigkeit zur Erfüllung der mit der EU-Mitgliedschaft verbundenen Verpflichtungen und zur Übernahme der Ziele der politischen Union sowie der Wirtschafts- und Währungsunion.

(4)

Die Bedingungen und Vorkehrungen für die Aufnahme der beiden Staaten wurden in Konferenzen zwischen den Mitgliedstaaten und der Republik Bulgarien und Rumänien ausgehandelt.

(5)

In ihrem am 6. Oktober 2004 verabschiedeten Strategiepapier über den Stand des Erweiterungsprozesses kam die Kommission zu dem Ergebnis, dass die Republik Bulgarien und Rumänien die politischen Kriterien erfüllen, und ging davon aus, dass die beiden Länder angesichts der erzielten Fortschritte, des Stands bei der Umsetzung ihrer Verpflichtungen und der laufenden Vorbereitungen ab 1. Januar 2007 die wirtschaftlichen und besitzstandsbezogenen Kriterien erfüllen werden und für die Mitgliedschaft bereit sein werden. Vor diesem Hintergrund erklärte die Kommission, dass sie alle Anstrengungen unternehmen werde, um das Ziel des Europäischen Rates zu erreichen, wonach die Beitrittsverhandlungen mit Bulgarien und Rumänien auf Basis der erzielten Leistungen zu einem erfolgreichen Abschluss im Jahr 2004 gebracht werden sollen, damit der Beitrittsvertrag 2005 zu einem möglichst frühen Zeitpunkt unterzeichnet werden kann.

(6)

Die Verhandlungen wurden im Dezember 2004 erfolgreich abgeschlossen, und die getroffenen Vereinbarungen sind sichtlich gerecht und angemessen; somit wird die Erweiterung der Europäischen Union dieser ermöglichen, sich in stärkerem Maß am Ausbau der internationalen Beziehungen zu beteiligen und sich gleichzeitig ihren inneren Zusammenhalt und ihre Dynamik zu bewahren.

(7)

Mit dem Beitritt zur Europäischen Union erkennen die Republik Bulgarien und Rumänien ohne Vorbehalt den Vertrag über eine Verfassung für Europa und bis zu dessen Inkrafttreten den Vertrag über die Europäische Union sowie die Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften einschließlich aller darin genannten Ziele, aller seit ihrem Inkrafttreten gefassten Beschlüsse und aller in Bezug auf die Entwicklung und Stärkung der Gemeinschaften und der Union getroffenen Entscheidungen an.

(8)

Ein Grundzug der durch die Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften und ab seinem Inkrafttreten durch den Vertrag über eine Verfassung für Europa eingeführten Rechtsordnung besteht darin, dass einige ihrer Vorschriften und einige von den Institutionen verabschiedeten Rechtsakte unmittelbar anwendbar sind, dass das Recht der Union Vorrang vor jeglichen einzelstaatlichen Vorschriften hat, mit denen es in Konflikt geraten könnte, und dass Verfahren für die einheitliche Auslegung des Rechts der Union bestehen; der Beitritt zur Europäischen Union setzt die Anerkennung des bindenden Charakters dieser Bestimmungen voraus, deren Einhaltung für die Gewährleistung der Wirksamkeit und Einheit des Rechts der Union unabdingbar ist.

(9)

Die Kommission fordert die Republik Bulgarien und Rumänen auf, die Verbesserungen, die vor dem Hintergrund der politischen und wirtschaftlichen Kriterien für die Mitgliedschaft und im Zusammenhang der Annahme, Um- und Durchsetzung des gemeinschaftlichen Besitzstands noch erforderlich sind, energisch voranzutreiben; die Kommission wird die Einhaltung der von beiden Ländern eingegangenen Verpflichtungen weiterhin überwachen und die Staaten mit den ihr verfügbaren Instrumenten unterstützen. Gestützt auf dieses ständige Monitoring behält sich die Kommission ihr im Beitrittsvertrag, insbesondere in Artikel 39 des Beitrittsprotokolls, verankertes Recht vor, einen Vorschlag vorzulegen, in dem sie eine Verschiebung des Beitritts um ein Jahr auf den 1. Januar 2008 empfiehlt, sofern sie angesichts des Stands der Vorbereitungen auf die Übernahme und Anwendung des gemeinschaftlichen Besitzstands eindeutige Anhaltspunkte dafür sieht, dass die Republik Bulgarien oder Rumänien bis zum Beitrittsdatum 1. Januar 2007 sehr wahrscheinlich in einer Reihe wichtiger Bereiche nicht in der Lage sein wird, den mit der EU-Mitgliedschaft verbundenen Anforderungen gerecht zu werden, einschließlich der für Rumänien geltenden spezifischen Verpflichtungen und Anforderungen auf den Gebieten Justiz und Inneres sowie Wettbewerb. Auf der Grundlage des Monitoring behält sich die Kommission darüber hinaus vor, gegenüber beiden Ländern die verschiedenen im Beitrittsvertrag enthaltenen Schutzklauseln geltend zu machen und im Falle Rumäniens den im Beitrittsvertrag vorgesehenen spezifischen Mechanismus für staatliche Beihilfen zu nutzen, falls dieses Land seine Verpflichtungen in Bezug auf seine Durchsetzungsbilanz in diesem Bereich nicht erfüllt.

(10)

Die Kommission fordert die bulgarischen und die rumänischen Behörden auf, die Übersetzung und Revision des gemeinschaftlichen Besitzstands bis zum Beitrittsdatum abzuschließen, um Rechtssicherheit in Bezug auf die Anwendung der Vorschriften zu gewährleisten.

(11)

Eines der Ziele der Europäischen Union ist die Stärkung der Solidarität zwischen ihren Völkern unter Achtung ihrer Geschichte, ihrer Kultur und ihrer Traditionen.

(12)

Die Erweiterung der Europäischen Union durch den Beitritt der Republik Bulgarien und Rumäniens wird zu einem besseren Schutz von Frieden und Freiheit in Europa beitragen —

GIBT HIERMIT EINE BEFÜRWORTENDE STELLUNGNAHME AB

zu den Anträgen der Republik Bulgarien und Rumäniens auf den Beitritt zur Europäischen Union.

Diese Stellungnahme ist an den Rat der Europäischen Union gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am 22. Februar 2005.

Für die Kommission

Olli REHN

Für die Erweiterung zuständiges Mitglied der Kommission

Für die Kommission

José Manuel BARROSO

Der Präsident


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